Alexander Pfeffel: „Das Ticken meiner Uhren beruhigt mich“

Der niederösterreichische Uhrmachermeister Alexander Pfeffel, 27, hat vergangenes Jahr den Betrieb seines Vaters übernommen und blickt optimistisch in die Zukunft. Nicht zuletzt, weil er handwerkliche Fertigkeiten aus der Vergangenheit in die Gegenwart holt.

Interview: Hannes Kropik
Fotos: Lisa Resatz

Herr Pfeffel, Sie haben vergangenes Jahr jenen Betrieb übernommen, den Ihr Vater 1980 in einer kleinen Wohnwerkstatt in Murstetten gegründet und zu einem renommierten Geschäftslokal am Neulengbacher Hauptplatz ausgebaut hat. War Uhrmacher Ihr erster Berufswunsch oder sind Sie in der Ausbildung einen Umweg gegangen?
Ich wusste von klein auf, dass ich Uhrmacher werden wollte! Ich kann mich erinnern, dass ich schon mit 5 Jahren am Werktisch gesessen bin und meinem Vater bei der Arbeit zugesehen habe. Mit neun Jahren habe ich meinen ersten Wecker repariert.

Wie war die Zusammenarbeit mit dem Vater früher? Und wie hat die Übergabe funktioniert?
Ich habe von klein auf bei ihm gelernt und bin auch bei ihm in die Lehre gegangen. Das hat immer ohne Probleme funktioniert. Mittlerweile ist er zwar offiziell in Pension, aber er ist immer wieder in der Werkstatt anzutreffen und unterstützt mich bei meiner Arbeit. Er hat ein unglaublich großes Wissen und ich lerne immer noch sehr viel von ihm.

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Alexander (l.) und Friedrich Pfeffel in ihrem Geschäft in Neulengbach.

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit am besten?
Mich fasziniert die Technik, mit der schon vor langer Zeit Uhren hergestellt wurden. Alles, was heute maschinell hergestellt wird, haben Uhrmacher damals selbst produziert – zum Beispiel mussten früher all diese Räder händisch geschnitten werden! Das Schöne ist: Diese alten Uhren kannst du in 100 Jahren noch genauso reparieren wie damals oder heute. Es wird zwar keine Ersatzteile mehr geben, aber du kannst sie ja selbst herstellen ­– wenn du es kannst …

Und Sie können es?
Ja, wir haben die notwendigen Maschinen, um Ersatzteile selbst anfertigen zu können. Wir haben aber im Lauf der Jahre auch ein wirklich umfangreiches Ersatzteillager für alte Uhren zusammengesammelt. Es kommt öfters vor, dass andere Uhrmacher ihre Kunden zu uns schicken, weil wir Dinge lagernd haben, die es offiziell eigentlich nicht mehr gibt. Wir reparieren und servicieren aber nicht nur antike Uhren, sondern zum Beispiel auch hochwertige Armbanduhren.

 


Sie arbeiten teilweise an und mit sehr kleinen Teilen. Auf welche Fähigkeiten kommt es vor allem an, um ein guter Uhrmacher sein zu können?
Ganz wichtig ist das Feingefühl, denn man muss mit sehr ruhiger Hand arbeiten. Im Optimalfall bringt man dieses Feingefühl schon mit, man kann es sich aber auch antrainieren. Und man muss sehr viel Geduld haben. Mir hilft übrigens, dass in der Werkstatt so viele Wanduhren hängen, die alle ticken – dieses Ticken beruhigt mich und verhindert, dass Hektik aufkommt.

Wie wichtig sind gute Augen?
Sehr wichtig! Es braucht aber vor allem, wie auch bei sehr vielen Sportlern, eine sehr gute Hand-Augen-Koordination. Die notwendige Motorik verbessert sich durch jahrelange Arbeit, also Übung, immer weiter.

Können Sie sagen, wie lange Sie ungefähr brauchen, bis eine Uhr repariert oder restauriert ist? Oder ist jede Uhr so individuell, dass der Arbeitsaufwand jedes Mal ein komplett anderer ist?
Zuerst muss man eine Uhr immer von Grund auf zerlegen, denn nur so kann man sehen, wo der Fehler liegt – also ob Teile fehlen oder ob welche kaputt sind. Oft habe ich es mit alten Uhren zu tun, die in wirklich schlechtem Zustand sind. Bis so eine Uhr vollständig restauriert ist, dauert es schon eine Woche, manchmal auch zwei. Es kommt darauf an, ob sie nur gereinigt gehört oder ob auch Teile kaputt sind, die ich selbst nachfertigen muss.

Sie sind jetzt 27 und haben also noch ein langes Arbeitsleben vor sich: Ist Uhrmacher ein Beruf mit Zukunft?
Ja, auf jeden Fall! Wir sehen, dass wieder mehr mechanische Uhren verkauft werden – und die können und müssen ja auch irgendwann wieder repariert werden. Gleichzeitig werden aber die Uhrmacher mit eigener Werkstatt, in der sie wirklich Reparaturen oder Restaurierungen vornehmen können, immer weniger. Viele schicken defekte Uhren einfach zurück zum Großhändler zum Service. Wir haben uns aber gerade auf die Restaurierung alter Uhren spezialisiert – und das hat garantiert Zukunft. Zu uns kommen Kunden nicht nur aus Niederösterreich, sondern auch aus Wien, dem Burgenland und Oberösterreich.

 


Das nimmt eigentlich gleich die Antwort auf unsere nächste Frage vorweg: Wie kann als „kleiner“, unabhängiger Handwerker heute gegen internationale Konkurrenz großer Ketten mit vergleichsweise billiger Massenware bestehen?
Man muss sich einfach spezialisieren und dann hochwertige Leistungen und außergewöhnlichen Service anbieten. Im Uhrensegment ist es recht einfach: Die Qualität bei billigen Massenwaren aus Fernost ist einfach nicht so hochwertig wie bei mechanischen Wanduhren, die vor 150 Jahren hergestellt wurden. Alleine vom Material her gibt es einen extremen Qualitätsunterschied. Kunden sehen auch ein, dass ihre alten Uhren von großer Qualität und erhaltenswert sind. Das ist meiner Meinung nach immer noch besser, als eine günstige neue Uhr zu kaufen.

Wie definieren Sie den Begriff „Handwerk“? Und was macht gutes Handwerk in Ihren Augen aus?
Um ein guter Handwerker zu sein, braucht man ein großes Fachwissen. Als Uhrmacher muss ich auch die Geschichte meines Handwerks kennen, denn ich muss verstehen, wie Uhren früher hergestellt wurden. Ich muss wissen, wie Teile ursprünglich produziert wurden, um Sie heute detailgetreu nachbauen zu können.

Sie scheinen Ihren Beruf mit echter Leidenschaft auszuüben.
Absolut. Ich sammle selbst auch alte Uhren und bin immer wieder in ganz Europa bei Uhrenmessen unterwegs. Die Sammlung besteht aus rund 200 verschiedenen Uhren, darunter auch mehrere alte Turmuhren. Ich habe sie in den unterschiedlichsten Zuständen gekauft, aber mittlerweile funktionieren sie alle wieder.

 

Alexander Pfeffel, 27, übernahm den Uhrmacher-Betrieb in Neulengbach im April 2017 von Vater Friedrich, der sich in den wohlverdienten Ruhestand zurückgezogen hat und trotzdem in der Werkstatt immer noch gerne mit Rat und Tat zur Hilfe steht. Alexander hat bereits 2011 mit 20 Jahren die Meisterprüfung abgeschlossen („aber auch nur deshalb so spät, weil die Prüfung im Jahr zuvor nicht angeboten wurde.“), sein Hobby ist: Uhren sammeln.
Weitere Infos: www.uhrmachermeister-pfeffel.at
www.meisterstrasse.com/de/uhrmacher-pfeffel