„Es grünt so grün wenn Thailands Tassen glühen“: Chiang Mai Celadon

Eine kurze Geschichte der Céladon-Produktion in Siam
Da begegnet uns doch plötzlich mitten im tropischen Nord-Westen Thailands, nicht weit der Grenze zu Myanmar, die französische Liebesdichtung des 16. Jahrhunderts…und mit ihr die grün gekleidete Hauptfigur des Schäferromans „L’Astrée“ von Honoré d’Urfé, „Céladon“ – denn tatsächlich sind nach ihm die berühmten jadegrünen Tonwaren Asiens benannt, die schon zur Zeit der Renaissance in Europa als Kostbarkeiten hoch geschätzt wurden.

Wahrscheinlich stellte man schon im dritten Jahrhundert nach Christus die ersten grün glasierten Steingutgefäße in China her. Vermutlich geht die Tradition des siamesischen Céladons auf das erste thailändische Königreich Sukothai (13. bis Anfang 15. Jahrhundert) zurück. Zweihundert Jahre lang wurde die Kunst der Céladon-Erzeugung gepflegt. Charakteristische, einzigartige Formen und Dekore entwickelten sich, die bis heute die Céladon-Antiquitäten dieser Zeit als „Sangkhaloke“-Waren identifizieren.

Als im 15. Jahrhundert das Sukothai-Königreich unterging und die Hauptstadt vom Norden des Landes nach Ayutthaya in den Süden verlegt wurde, geriet auch die Céladon-Technik in Vergessenheit. Der Königspalast importierte in den folgenden Jahrhunderten Steingut und vor allen Dingen wertvolles Porzellan aus China, das durchaus auch extra für den siamesischen Markt mit thailändischen Symbolen und Dekors verziert wurde. 
In der bäuerlichen Lebenswelt wurden natürlich weiterhin Tonwaren selbst erzeugt, allerdings auf den heiklen Glasurbrand in der Regel verzichtet.

Als in den 1950er Jahren burmesische Einwanderer vor den Toren Chiang Mais Brennöfen errichteten, in denen sie mit Holzasche glasierte Gebrauchs-Gefäße für den lokalen Markt bei hohen Temperaturen brannten und diese Reistöpfe, Blumenvasen und Wasserbehälter im neuen, alten Céladon-Grün erstrahlten, besann man sich auf die alte Tradition dieser nordthailändischen Handwerkstechnik – die Geburtsstunde des neuen Chiang Mai Céladons war gekommen. Rasch eröffnete eine Céladon-Manufaktur nach der anderen, es wurden die Brand- und Glasurtechniken immer mehr verfeinert, Dekors entwickelt und heutzutage scheint es fast, als hätte es die Produktionspause von einigen hundert Jahren nie gegeben: Céladon-Ware ist mittlerweile eines DER traditionellen Handwerkserzeugnisse Thailands und wird vom heimischen Markt ebenso geschätzt wie von internationalen Kunden.

Wie wird’s gemacht?

So international-europäisch der Name „Céladon“ ist, so regionsbezogen ist seine Herstellung.  Alle Rohstoffe stammen aus der unmittelbaren Umgebung der Produktionsstätten. Auch die Formen und Designs der klassischen Stücke sind allesamt angelehnt an regionale Pflanzen-, Architektur- oder Literaturmotive der Region bzw. stammen von lokalen Künstlern, die „ihre Seele sprechen lassen“.
Grundmaterial aller Céladon-Produkte ist der schwarze Ton, der rund um Chiang Mai reichlich zu finden ist.
Der gereinigte, getrocknete, gereifte Ton wird entweder durch Drehen auf der Tonscheibe in Form gebracht, in Formen gegossen oder rotierend mit einem Messer geschnitzt. Die Strukturdekors werden nun von Künstlern und Künstlerinnen mit den entsprechenden Schnitz- und Ritzwerkzeugen in beachtlicher Präzision und Schnelligkeit aufgebracht.

Beim ersten sog. „Bisquitbrand“ bei 800 Grad Celsius färbt sich der der Ton hellbraun.
Sollen einzelne Stücke eine farbenfrohe Bemalung erhalten, ist jetzt der Zeitpunkt dafür, bevor dann die Keramik tatsächlich zu „Céladon“ wird:
jedes Stück wird in die typische Céladon-Glasur getunkt bzw. mit ihr übergossen. Diese besteht aus Holzasche regionaler Bäume (Quercus velutina oder Färbereiche bzw. Terminalia elliptica), die der Glasur die charakteristische Farbe verleihen, sowie einer Tonsorte, die aus der obersten Schicht der Erde der Reisfelder gewonnen wird.
Die glasierte Tonware wird nun für 8-10 Stunden bei 1.250 Grad Celsius gebrannt und dann langsam abgekühlt. Bei diesem Abkühlprozess erhält die Keramik ein weiteres, typisches Merkmal: ein feines Krakelee in der transluziden Oberfläche, das aus jedem Stück ein individuelles Einzelstück macht.

TASSANEE YAJA – die „Mutter“ der ChiangMai Celadon

Eine jener Manufakturen, die Céladon-Steingut in höchster Qualität herstellt und sich dabei ganz auf die traditionellen Muster und Methoden beruft, ist die Chiang Mai Céladon @ Doi Saket-Manufaktur, die vor über 25 Jahren von Khun Tassanee Yaja, einer der vielen erfolgreichen Unternehmerinnen Thailands, gegründet wurde.
Vor den Toren der Stadt, zwischen Reisfeldern in einer gepflegten tropischen Parkanlage gelegen, ist diese Manufaktur nicht nur ein interessanter Ort, um Geschichte und Produktionsweise des grünen Geschirrs kennenzulernen, es ist eine Oase der Ruhe, der Harmonie, des Glücks und der Schönheit – denn Khun Tassanee ist viel mehr als nur eine geschickte Geschäftsfrau: sie betreibt ihr Unternehmen mit unglaublicher Leidenschaft, einem echten Bildungsauftrag und dem festen Willen, etwas zu Schaffen, das die Generationen überdauert und auch in ferner Zukunft als Aushängeschild nordthailändischer Handwerkskunst wahrgenommen werden soll.


So hat sie auf dem Manufaktur-Areal, auf dem sich auch ihr Wohnhaus befindet, alle Häuser im traditionellen Lanna-Stil aus Teakholz erbauen lassen, sodass man sich in einem exotischen Freilichtmuseum wähnt: drei solcher Holzhäuser sind für Besucher geöffnet. Neben der Produktion selbst findet man in den auf Stelzen gebauten Häusern, die man barfuß über Treppen erreicht, eine umfangreiche Céladon-Ausstellung mit historischen Objekten, aber auch den schönsten und wertvollsten Stücken der eigenen Produktion, ein typisch eingerichtetes Lanna-Wohnhaus, ein Restaurant und ein Café.
Die 43 Mitarbeiter stammen alle aus der unmittelbaren Umgebung, erhalten vom ersten Tag an die entsprechende Ausbildung zum Dekorateur, Maler, Töpfer oder was auch immer den individuellen Talenten und Fähigkeiten am ehesten entspricht, werden – was eine absolute Besonderheit darstellt – nicht nach produziertem Stück, sondern nach Stunden bezahlt, werden mit Essen und Getränken versorgt, dürfen ihre Kinder zur Arbeit mitbringen und halten zusammen wie Pech und Schwefel. Wir hatten den Eindruck, dass Khun Tassanee dafür nicht nur Ehrfurcht und Respekt entgegengebracht, sondern sie von ihrem Team von Herzen geliebt wird. Die Gespräche mit ihr zeugten von einer unbändigbaren Begeisterung für ihre Produkte, aber auch für die Art der Tätigkeit, die sie ihren Mitarbeitern ermöglicht: „My profit is not money, it is to make people happy – the product is not only a product, it is an emotional product, inspired by the heart.“


Diese Atmosphäre hat uns so sehr beeindruckt, dass wir nach unserem ersten, mehrstündigen Interviewtermin am nächsten Tag nochmals mit allen Kindern kamen und uns nochmal von dem ganz besonderen Ort verzaubern ließen: zunächst beim Beobachten der Künstlerinnen, dann beim Bewundern der fertigen Stücke im Shop, und schließlich beim Spaziergang durch die auch für den europäischen Geschmack ästhetisch unglaublich ansprechenden Häuser, der bei einem von den Mitarbeitern selbst gekochten Pad Thai und von der Eigentümerin zubereiteten Bohnen-Reis-Kokos-Dessert in Reisblättern endete.

http://www.chiangmaiceladon.com