Gastkommentar Philipp Eschgfeller: „Die Latsche ist mein Leben und mein Parfum“

In unserer neuen Serie „Gastkommentar“ kommen Meister und Manufakturbetreiber ganz persönlich zu Wort. Sie erzählen uns von Ihrem Zugang zum Thema Handwerk, von (produktionstechnischen) Besonderheiten Ihrer Betriebe und über Ihre Geschichte und Geschichten. Den Anfang macht der Südtiroler Latschenölbrenner Philipp Eschgfeller.


Gastkommentar: Philipp Eschgfeller, Latschenölbrenner im Sarntal, im Herzen Südtirols

So langsam zieht sich der Schnee auf die Bergspitzen zurück, in den Niederungen wird es langsam grün und auch die Tage werden wieder länger. Das ist unser Weckruf für den baldigen Start in eine neue Saison. Es wird wohl Mai heuer, bis wir wieder frühmorgens mit dem Traktor in die Sarntaler Alpen starten können, auf eine Höhe zwischen 1800 und 2200 Metern Höhe, um die wildwachsende Latschenkiefer zu ernten, aus der wir mit Hilfe von Wasserdampfdestillation unser 100 Prozent naturreines ätherisches Öl gewinnen, Tropfen für Tropfen in höchster Bioqualität.

Die Erntezeit ist anstrengend und trotzdem ist es für mich die schönste Zeit des Jahres: Den ganzen Tag in der freien Natur unterwegs, arbeite ich von Mai bis Oktober, manchmal auch November – je nachdem, wann der erste Schnee wieder fällt – an meinen Lieblingsplätzen. Vor gut 15 Jahren habe ich die Latschenölbrennerei von meinem Vater Flor übernommen; er war der Erste, der vor 50 Jahren eine Latschenölbrennerei im Tal errichtet hat. Bis dahin arbeitete man mit Wanderbrennereien, direkt vor Ort in den Bergen. Aber der Ausbau des Wegenetzes und Traktoren machten es möglich, die Latschenkiefer zu ernten und dann im Tal weiterzuverarbeiten.

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Die Verarbeitung aber ist dieselbe geblieben: Wie noch vor 100 Jahren wird das gehäckselte Material der Latschenkiefer, also die Nadeln, Zapfen und kleinen Zweige, in einem Kessel durch Wasserdampf erhitzt. Der Dampf bindet das wertvolle ätherische Öl, welches dann ganz natürlich abgefüllt wird. Die ganze Kraft der Sarner Latsche in unserem Öl. In jeder Hausapotheke im Sarntal ist das Öl schon seit jeher zu Hause, aber auch die Pharmazie und die Kosmetik wissen die Eigenschaften dieses Öles zu schätzen. Es wirkt unter anderem entzündungshemmend, regt den Blutkreislauf an und aktiviert den Stoffwechsel der Haut. Bei seelischer Müdigkeit, Unruhe und Stress ist es vitalisierend, regenerierend und sanft anregend.

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Diese Eigenschaften machten sich die Latschenkiefernarbeiter schon früher zunutze: Nach getaner Arbeit legten sie sich in die warmen entölten Latschenkiefern, um sich zu erholen und für den nächsten Tag zu stärken. Auch ältere Menschen, so erzählt meine Mutter Barbara, wurden zu den Wanderbrennereien auf „Kur“ geschickt, um Latschenbäder zu machen. Nach dem Verschwinden der Wanderbrennereien, geriet auch das Sarntaler Latschenkiefernbad beinahe in Vergessenheit. Meine Mutter hat es aber dann vor 25 Jahren wiederbelebt. Seither kann man in unserem Natur Spa während der Erntezeit das „Original Sarntaler Latschenkiefernbad“ erleben und genießen, eine Kombination aus Duft und Wärme.

Im Laufe der Jahre hat sich natürlich auch meine Arbeit gewandelt. Wir haben begonnen, weitere Nadelhölzer aus unserer Heimat zu verarbeiten. Heute brennen wir ätherische Öle von der Latschenkiefer, Zirbelkiefer, Lärche, Fichte, Tanne, Weißkiefer und Wacholder. Jedes dieser Öle ist einzigartig und hat besondere Eigenschaften. Meine Frau Christine habe ich mit meiner Leidenschaft für die Natur angesteckt. Sie hat Ausbildungen in den Bereichen Aromapflege, Heilmassage, Kneipp-Bademeisterin, Pranatherapie und Yoga. So vereint sie all die positiven Eigenschaften der Natur und unserer Öle und bietet maßgeschneiderte Angebote für unsere Gäste im Natur Spa. So ist nun die Latschenkiefer nicht mehr nur mein Leben, sondern unseres geworden.

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Weiterführende Infos:
www.meisterstrasse.com/de/eschgfeller
eschgfeller.eu/de

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