Heidi Rohrmoser: „Aus Freude am Handwerk“

Heidi Rohrmoser in ihrer Werkstatt in Kremsmünster. Alle Fotos: Stefanie Starz/MEISTERSTRASSE

Seit 1985 entstehen in der Werkstatt von Heidi Rohrmoser in Kremsmünster wunderschöne handbemalte Einzelstücke, die zu speziellen Anlässen wie Ostern und Weihnachten feierliche Stimmung in unsere Wohnzimmer zaubern. Trotz der Hektik kurz vor den Feiertagen nahm sich die oberösterreichische Kunsthandwerkerin ausführlich Zeit, um mit uns über individuelle Schmuckstücke, den Vergleich zu Wandgemälden und winterliche Motive im Hochsommer zu sprechen.

Interview: Hannes Kropik

Frau Rohrmoser, wann beginnt denn eigentlich bei Ihnen die Weihnachtssaison?
Wenn die Kugeln, Taler und Glocken lieb aussehen soll, dann braucht man einfach Zeit. Das wissen unsere Kunden auch. Wenn sie im Herbst schöne Ware haben wollen, dann müssen sie im Frühjahr bestellen. Dadurch, dass mein Kerngeschäft der Handel ist und ich vor allem Wiederverkäufer beliefere, beginnen wir gleich nach Ostern mit der Weihnachtsproduktion.

Sie sitzen also im Sommer bei offenem Fenster in der Werkstatt, die Vogerl zwitschern, die Sonne scheint, und malen winterliche Motive …
Ja, das kann passieren. Wir fangen ja nicht zuletzt deshalb so früh an, weil wir sonst im Spätherbst großen Stress bekämen und dadurch wahrscheinlich die Liebe zur Weihnachtszeit verlieren könnten.

Ihre Kugeln sehen sehr aufwendig und detailverliebt bemalt aus. Wie lange dauert es denn in etwa, bis so eine Kugel fertig bemalt ist?
Das ist bei jeder Kugel anders, es gibt ja unterschiedliche Modelle zwischen vier und 18 Zentimeter im Durchmesser. Jedoch sollte bei einer Standardkugel in der Größe von acht Zentimetern der Aufwand immer unter einer Stunde liegen …


Das ist trotzdem ganz schön lang?
Wir beginnen bei allen Kugeln mit der gleichen Vorbereitung, nämlich mit den Goldrändern und einer Grundierung. Aber dann ist jedes Produkt eine Einzelanfertigung. Es wird eine Kugel nicht vom Anfang bis zum Ende durchgemalt, sondern es wird immer an zwei oder drei Objekten gleichzeitig gearbeitet. Es sind viele Pause notwendig, damit die Farbe zwischendurch immer wieder trocknen kann.

Und wenn alles fertig ist? Wird die Malerei dann noch versiegelt?
Nein, sie werden weder poliert noch lackiert noch sonst irgendwie geschützt. Wir arbeiten mit wasserlöslichen Kaltfarben in verschiedensten Mischungen. So, wie die Farben eintrocknen, so bleiben sie. Man darf sie zu Hause maximal mit einem trockenen Staubtuch reinigen. Sie müssen sich unsere Kugeln wie ein normales Gemälde vorstellen, auf dem können Sie ja auch nicht mit einem feuchten Fetzen herumwischen …

Wie viele Kugeln verlassen pro Saison ihre Werkstatt?
Ich habe Partner, die unsere Produkte im Tourismussektor anbieten und so werden unsere Kugeln oft von Amerikanern oder Japanern gekauft, weil sie diese Dinge in der Form einfach nicht kennen. Ich habe Kunden in Bayern und Liechtenstein, in Italien und der Schweiz. Sonst könnte ich nicht das ganze Jahr über vier Mitarbeiterinnen beschäftigen, die Christbaumschmuck erzeugen. Trotzdem ist es keine Massenware. Wir liefern nicht containerweise aus. Wenn ein Kunde auf einmal drei-, vierhundert Stück bestellt, dann ist das für uns ein riesiger Auftrag.

Woher beziehen Sie Ihr Glas?
Ich habe recht viele Partner in Tschechien. Dort gibt es eine sehr lange Tradition in der Glasbläserei und sie stellen noch heute Waren in wirklich sehr guter Qualität her. In Österreich gibt es zwar einige Glasproduzenten, aber die wollen nicht nur normale Kugeln, Glocken oder Taler als Auftragsarbeiten herstellen, sondern sind auf Skulpturen und andere Kunstwerke spezialisiert.

Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie?
Ich habe vier Mitarbeiterinnen, die schon viele Jahre bei mir sind. Vergangenes Jahr ist meine längstdienende Mitarbeiterin, die von Anfang an dabei war, in Pension gegangen. Ich habe sie alle angelernt. Ich habe zum Glück die Gabe, aus Menschen das Beste herauszuholen und kann recht gut einschätzen, wer für welche Aufgabe am besten geeignet ist. Wichtig ist ja, dass letztendlich alle Produkte „ein Gesicht“ haben. Man muss erkennen, dass ein Schmuckstück aus unserer Werkstätte stammt.


Worauf kommt es bei Ihrer Arbeit vor allem an? Was sind die notwendigsten Fertigkeiten, um auf diesem Niveau Glas zu bemalen, abgesehen von einem guten Auge und einer ruhigen Hand?
Zuerst einmal braucht man ein besonderes Interesse für dieses Thema. Wenn ich Glaskugeln nur bemale, um damit Geld zu verdienen, dann ist das der falsche Ansatz. Man muss Freude an der Handarbeit haben und daran, dass man selbst etwas Neues kreiert. Außerdem muss man fleißig, ausdauernd und sehr geduldig sein. Und was man auch nicht unterschätzen darf: Es ist körperlich durchaus anstrengend, wenn man mehrere Stunden ruhig sitzt und pinselt. Sehnenscheidenentzündungen kommen nicht überraschend und auch der Nacken leidet unter der Arbeit.

Wie sind Sie überhaupt auf die Idee gekommen, Christbaum- beziehungsweise Osterschmuck herzustellen?
Meine Schwiegermutter hat den Betrieb gegründet. Sie war handwerklich sehr geschickt und hat mir sehr viel beigebracht. Ich bin eigentlich gelernte Verkäuferin und bin dann nach und nach in ihren Betrieb hineingewachsen. Es ist mir einfach passiert (lacht).

Wenn wir einen Blick in die Zukunft werfen: Eigentlich ist ihre Arbeit auf lange Sicht interessant, denn das Interesse an Weihnachts- und Osterschmuck sollte eigentlich weiterhin bestehen …
Das ist eine schwierige Frage. Handarbeit und Handwerk wird es immer geben. Die Menschen besinnen sich immer mehr auf Traditionen. Aber ich habe zwei erwachsene Kinder und die haben beide keine besondere Lust, den Betrieb eines Tages zu übernehmen. Aber Handwerk wird es immer geben, weil Menschen immer nach etwas Speziellem suchen.

Weitere Infos finden Sie auf www.meisterstrasse.com/de/kunsthandwerk.heidi