Anton Vogl: „Wir produzieren für Genießer“

Die Brennerei Guglhof in Hallein zählt seit Jahren zu den besten Destillerien Österreichs. Anton Vogl, der den Salzburger Familienbetrieb in 3. Generation führt, erzählt im Gespräch mit der MEISTERSTRASSE, warum er sich über Mitbewerber freut, wieso der Gin gerade in Salzburg eine lange Tradition hat und warum menschliche Erfahrung künstlicher Intelligenz immer überlegen sein wird.

Interview: Hannes Kropik

Herr Vogl, mit Ihren Edelbränden gewinnen Sie seit Jahren die wichtigsten Branchen-Preise. Doch als Ihr Großvater die Brennerei 1928 gegründet hatte, stand eigentlich etwas ganz anderes im Vordergrund.
Anton Vogl: Am Anfang stand die Landwirtschaft, die schon viel länger in Familienbesitz ist.Es gab einen großen Obstgarten und dieses Obst wollte man verarbeiten. Die 1920er-Jahre waren wirtschaftlich eine schwierige Zeit und die Anfänge der Brennerei deshalb sehr bescheiden. Die Idee war, ein wenig zusätzliches Einkommen neben der Landwirtschaft zu haben. Wir haben heute im Garten immer noch rund 50 Bäume stehen. Damals, am Beginn, hat das gereicht. Heute verarbeiten wir ganz andere Mengen, die wir bei Obstbauern in ganz Österreich zukaufen.

Wann haben Sie sich auf die Brennerei konzentriert?
Schon mein Vater hat kurz nach Ende des 2. Weltkriegs den Schwerpunkt auf die Brennerei gelegt. Er hat die Landwirtschaft nebenbei mitgeführt, ich habe sie 1995 aber endgültig aufgegeben. Sie hatte nicht die notwendige Größe, um wirtschaftlich sinnvoll betrieben werden zu können.

War es für Sie eigentlich klar, dass sie den Betrieb übernehmen würden oder hätte Sie eine berufliche Alternative gereizt?
Mir war eigentlich klar, dass ich im väterlichen Betrieb arbeiten möchte, ich bin ja von klein auf mit seiner Arbeit vertraut gewesen.

Haben Sie eine spezielle Ausbildung absolviert oder war es mehr „learning by doing“?
Ich habe mich sehr intensiv mit der Materie auseinandergesetzt. Was ich bei meinem Vater gelernt habe, war mir zu wenig, deshalb habe ich mich sehr in die Theorie der Brennerei vertieft. Wenn man nur herumprobiert, aber das nötige theoretische Wissen fehlt, wird es nicht funktionieren. Aber ich habe keine besondere Schule besucht, sondern mir mein Wissen selbst angeeignet.

Die Zeiten haben sich geändert: Heute gibt es sehr viele kleine, hochwertige Anbieter, doch als Sie begonnen haben, wurde der Markt von großen, international Produzenten dominiert. Wie war es möglich, eine eigene Nische zu finden oder überhaupt erst zu schaffen?
Für mich war immer klar: Qualität kommt vor Quantität. Es gab natürlich vom Markt her gewisse Verlockungen, doch denen sind wir nie erlegen. Wir haben immer gesagt: Wir produzieren für Genießer – und von denen können wir sehr viele ansprechen. Wer einen neuen Weg beschreitet, muss jedoch neue Kunden finden.

Und dieser Plan hat funktioniert.
Wir haben bewusst Kunden gesucht, die selbst nach hoher Qualität suchen. Das waren am Anfang vor allem Spezialitätenhändler wie der Meinl am Graben in Wien, mittlerweile beliefern wir auch Spitzengastronomen wie das Restaurant Obauer oder Andreas Döllerer. Aus der kleinen Nische der Edelbrände, die es damals innerhalb des Spirituosenmarktes gegeben hat, ist eine etwas größere Nische geworden. Es gibt gar nicht mehr so wenige Produzenten, die auch mit hoher Qualität arbeiten. Und das hat dem Produkt „Edelbrände“ insgesamt gutgetan.

Sie haben also keine Angst vor den neuen Mitbewerbern?
Das Image der Edelbrände ist durch die größere Palette von hochqualitativen Anbietern generell besser geworden. Konkurrenz sehe ich positiv.

Speziell im Gin-Segment, wo Sie traditionell sehr stark vertreten sind, sind in jüngster Vergangenheit viele neue Anbieter hinzugekommen.
Wir können natürlich auf eine etwas längere Geschichte verweisen, weil sich mein Vater schon mit dem Thema beschäftigt hat. Damals hat das Getränk in unseren Breiten allerdings nicht Gin geheißen, sondern war einfach ein „Wacholder“. Aber mein Vater hat schon damals mit verschiedenen anderen Zutaten, nämlich mit verschiedenen Wildfrüchten, gearbeitet. Dann war der „Wacholder“ eine Zeit lang nicht so nachgefragt und die Produktion wurde eingestellt. Vor zehn Jahren haben wir die alte Rezeptur reaktiviert und ein wenig ausgeweitet: Es sind viele Gewürze, Blüten und feine Kräuter dazugekommen – und natürlich nennt sich das Produkt heute Gin. Es ist gut angenommen worden und hat heute einen festen Platz in unserem Sortiment.

Genaugenommen haben Sie ja mittlerweile drei Gin-Sorten im Programm.
Richtig, neben unserem Gin Alpin, produzieren wir einen Sloe Gin aus handverlesenen Schlehen und einen Safran Gin mit Safran aus dem Burgenland.

Was hat Sie von Anfang an am meisten an der Arbeit in einer Brennerei fasziniert? Was ist das Spannendste an Ihrer Arbeit?
Wir arbeiten ja mit Naturprodukten. Das Spannendste ist jedes Jahr aufs Neue die große Herausforderung, das Beste aus einer Frucht herauszuholen – ganz egal, ob das jetzt eine Marille ist, eine Birne oder eine Vogelbeere. Die Sonnenstunden und der Erntezeitpunkt sind ja jedes Jahr unterschiedlich und somit ist man gefordert, die gewünschte Qualität zu halten.


Es gibt aktuell Diskussionen über einen Klimawandel mit all seinen Auswirkungen – wie haben Sie die Entwicklung der Natur in den vergangenen Jahren erlebt?
Wir merken, dass unsere Produzenten immer wieder Probleme mit zu langen Trockenphasen oder mit verstärkten Niederschlägen bekommen. Für sie ist es jedes Jahr eine Gratwanderung, die richtige Ernte zusammenzubekommen. Die Marille, zum Beispiel, ist eine sehr empfindliche Frucht. Wir beziehen sie aus der Wachau und dort gibt es durch Spätfroste immer wieder Ernteeinbußen. Deshalb decken wir uns in guten Jahren verstärkt ein, weil wir immer wieder damit rechnen müssen, dass es einmal ein schlechtes Jahr gibt. Somit können wir die schwächeren Erntejahre ohne weiteres überbrücken. Wir haben uns bereits ein beachtliches Lager aufgebaut und sind in der Lage, auf diese Weise Jahrgangs-Brände anbieten zu können.

Was ist eigentlich der Unterschied zwischen einem Schnapsbrenner und einem Destillateur, wie Sie einer sind?
Die landläufige Definition ist einfach: Wer zu Hause einen Brennkessel hat und ein paar Wochen pro Jahr seinen Schnaps brennt, ist ein Schnapsbrenner. Wir haben – mit ganz kurzen Unterbrechungen – einen Ganzjahresbetrieb und bieten ein breites Sortiment, nicht nur an Edelbränden und Gin, sondern produzieren auch eigenen Whisky, Wodka und Rum.

Welche Fähigkeiten zeichnen einen guten Destillateur aus? Worauf kommt es bei Ihnen persönlich an? Auf den Gaumen? Auf die Nase?
Ja, Nase und Gaumen sind extrem wichtig. Die sensorische Beurteilung spielt eine sehr große Rolle, die kann ich einfach nicht einem technischen Gerät überlassen. Manche Dinge muss nach wie vor ein Mensch beurteilen, schließlich geht es bei unseren Produkten um den Genuss.

Viel ist heute die Rede von Künstlicher Intelligenz und der Angst, dass Maschinen menschliche Arbeitskraft ersetzen …
Das wird bei uns wahrscheinlich nie passieren. Das menschliche Wissen, die menschliche Erfahrung ist nicht ersetzbar. Natürlich arbeiten wir mit der bestmöglichen technischen Ausstattung, aber letztendlich ist und bleibt es ein Handwerk, bei dem die menschliche Komponente enorm wichtig ist.

Auf Ihrer Homepage www.guglhof.at steht über Ihre Edelbrände der schöne Satz: „Aus dem Besten wird das Edle“. Das heißt ja, dass Sie sich mit dem Besten gar noch nicht zufriedengeben, sondern immer noch einen Schritt weitergehen wollen. Woher kommt dieses Bedürfnis?
Ich weiß es nicht. Aber das ist ganz generell meine Einstellung zum Leben. Und zum Genuss. Nachdem wir mit einem kostbaren Naturprodukt arbeiten, will ich einfach das Maximum herausholen.

Haben Sie diese Einstellung an die nächste Generation weitergegeben? Immerhin, Ihre Söhne Christoph und Anton junior arbeiten bereits im Betrieb mit.
Ja, ich denke, das ist mir gelungen. Es ist mir sehr wichtig, dass meine Söhne in die gleiche Richtung denken wie ich. Wir arbeiten im Team, jeder hat sein Aufgabengebiet. Ich kümmere mich um technische Belange und Abläufe in der Abwicklung. Christoph konzentriert sich verstärkt um den Verkauf und Toni ist stark in die Arbeit im Keller, die Destillation involviert.


Auffallend in Ihrer Produktpalette sind die lokalen Spezialitäten.
Seit 2010 produzieren wir zum Beispiel einen speziellen Whisky. Der Grundgedanke war, dass wir etwas mit einer alpinen Roggensorte machen wollten, die bei uns im Salzburger Land auf einer Höhelage von rund 1.000 Metern kultiviert wird. Mit diesem Roggen beschäftigen sich Landwirte im Lungau seit vielen hunderten Jahren und er hat eine ganz besondere Eigenschaft: Er ist ein Wintergetreide, der im August ausgesät wird und noch vor dem Winter keimt, aber erst im nächsten Jahr geerntet. Er hat damit eine längere Vegetationszeit, das gekeimte Getreide muss im Winter Temperaturen von -20 Grad und mehr überstehen. Für unsere Whiskyproduktion war viel Vorarbeit notwendig, unter anderem mussten wir einen Landwirt finden, der uns die entsprechenden Mengen anbaut. Und natürlich muss man über die technischen Abläufe bestens Bescheid wissen, außerdem braucht man die richtigen Lagerräumlichkeiten. Und wenn diese Arbeiten erledigt sind, weiß man noch immer nicht, ob das Produkt am Markt überhaupt angenommen wird.

Hat sich das Risiko augezahlt?
Ja! Kommendes Jahr können wir unseren ersten zehnjährigen Whisky anbieten, von dem wir noch einige Fässer übrighaben. Sie sehen, wir haben viel Geduld und Ausdauer.

Wie wichtig sind Ihnen Produktinnovation?
Sehr wichtig. Gerade produzieren wir erstmals einen eigenen Vermouth. Dafür verwenden wir einen Wachauer Wein, einen Grünen Veltliner vom Weingut Müller.

Sie haben in den vergangenen Jahren regelmäßig große und wichtige Preise gewonnen. Wie wichtig ist das, einerseits als Bestätigung, dass der eigene Weg richtig ist, andererseits als Zeichen nach außen?
Natürlich ist es für einen selbst schön zu sehen, wo man im Vergleich mit anderen Produzenten steht. Aber es ist auch sehr wichtig für die Außenwirkung, wenn eine unabhängige Jury meint, dass mein Produkt das Beste ist. Vor allem, wenn man solche Preise immer wieder gewinnt. Es zeigt, dass sich die Qualität wie ein roter Faden durch unsere Produktpalette zieht.

 

Zur Person:
Anton Vogl führt die Brennerei Guglhof im Salzburger Hallein in 3. Generation, die Söhne Christoph und Anton Junior arbeiten längst im Familienbetrieb in verantwortlichen Positionen mit. Das Gebäude, in dem die 1928 gegründete Brennerei untergebracht ist, existiert bereits seit Beginn des 16. Jahrhunderts. 2014, 2015 und 2016 wurde die Brennerei Guglhof vom Falstaff als „Meisterbrenner“ ausgezeichnet.

Weitere Infos:
www.meisterstrasse.at/brennerei-guglhof
www.guglhof.at

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